Der Seelenjäger
Ich war damals ein 35 jähriger Mann. Vor acht Jahren hatte ich geheiratet und glaubte, den Himmel auf Erden zu haben. Aber immer ernster wurden die Zeiten. Ein Kind nach dem anderen kam und seit der Entbindung des Siebten konnte sich mein Weib nicht mehr erholen. Bei sieben Kindern und einem kranken Weib klopft bald die Sorge, ja auch die Not an die Türe, umso mehr, wenn das "Güatl" nicht groß ist. Es war vor Allerheiligen. Mir war für mein krankes Weib Hundeschmalz angeraten worden. In Schalchen hatte ich einen Vetter, der hatte solches. Mit schweren Herzen ging ich von meinem kranken Weibe. Wie es halt so geht, hielt ich mich länger auf, trank auch ein paar Glas Bier, um die Sorgen zu verscheuchen, und trat um 10 Uhr nachts meinen Heimweg an. Als ich über den Scheiterbach gegen Unterlochen kam, spürte ich erst, mit welcher Wucht der Sturm lospfiff. Beim Nußbaumer-Häusl konnte ich nimmer weiter. Ich stand unter. Da stand ich nun und betrachtete den Nussbaum, der sich im Sturme bog und dabei ächzte und stöhnte. Da kam auf einmal die wilde Jagd (wilde Gjaid) über den Wald des "Meier unter der Leithen" am Siedelberg. Ich hörte das Wiehern der Rosse, das Bellen der Hunde und sah Riesengestalten. Ein bärtiger Mann auf einem Schimmel brüllte in den Sturm und zeigte mit der Riesenhand auf mich. Da packte mich das Grausen. In Angstschweiß gebadet, wollte ich fliehen, doch meine Füsse trugen mich nicht. Da - ein Blitz, ein Donner und - ich lag am Boden. Nach einiger Zeit erhob ich mich. Der Spuk war verschwunden. Betend machte ich mich auf den Heimweg. Als ich in die Nähe meines Hauses kam, rieselte der Regen ruhig zu Boden. In der Kammer lag mein Weib, starr und kalt. Nach Aussage meiner Verwandten musste zur Zeit des großen Blitzes beim Nußbaumer-Häusl mein Weib seinen Geist aufgegeben haben. Der alte Spruch "alle guten Geister loben den Herrn, Jäger, was ist dein Begehr´n" hat gegen die wilde Jagd keine Macht. Zweige der am Kranzeltag (Fronleichnamstag) geweihten Stauden sind gute Mittel gegen diese wilden Gesellen. So erzählte ein alter Bauer aus Pischelsdorf.
Sagen aus und rund um Schalchen - Der Seelenjäger
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